Begegnung am Lebensweg – innehalten Blog #9

Der zweite Übergang – Etappe 12

Kürzlich wollte ich im Farbenrausch eines sonnigen und warmen Herbsttages  von Artstetten nach Maria Taferl wandern.

Auf der einladenden Terrasse von Schloss Artstetten mit herrlichem Ausblick in den Naturschlosspark stärkte ich mich vorab mit einer Tasse Kaffee, genoss entspannt die Sonne. Von der freundlichen Schlossherrin selbst bedient, ließ ich mir die Namen der Berge in der Ferne erklären. Es entwickelte sich ein nettes Gespräch, in dem ich auch erfuhr, dass man im Schloss Artstetten vom Projekt des Lebensweges begeistert ist. Man freut sich auf interessante Inspirationen bei einer Naturvermittler-Wanderung und ist offen für eine konstruktive Zusammenarbeit mit dem Verein. Das zeigt sich auch schon daran, dass hier eine der Wunderboxen montiert wurde: “Frieden erleben” ein Text gesprochen von Folke Tegetoff ist hier am Lebensweg zu hören.

Während unserer angeregten Plauderei  nahm ein  freundlicher Mann mittleren Alters am Nebentisch Platz. Aus dieser zufälligen Begegnung hatte sich später ein  bedrückendes , aber auch  zuversichtliches Gespräch ergeben.

Wir hatten uns vorher noch nie gesehen, dennoch hatte er scheinbar das Bedürfnis, mehr über sich und sein Leben preis zugeben. So erzählte er, dass er voller Tatendrang im ersten Lehrjahr  stehend , an einer selten Krebsart erkrankte und eineinhalb Jahre im Krankenhaus verbringen musste.  Immer wieder meldete sich seine Krankheit und bereitete große Probleme.  Trotzdem ließ er nie locker. Obwohl der Weg zurück in eine fundierte Ausbildung nicht leicht  war,  schaffte er es in beeindruckender Weise, bekam einen sicheren Arbeitsplatz, gründete eine Familie, baute ein Haus.

Mir war jetzt übrigens mein Vorsatz, wandern zu gehen, in diesem Augenblick nicht mehr wichtig. Ich hielt inne – gab diesem Unbekannten und mir selber  Zeit und  Raum, an diesem “Lebensweg” teilzunehmen.

Wie er  schilderte, fand er in dieser  schwierigen Zeit zur Musik – und zwar zur Panflöte!  Eineinhalb Jahre dauerte die Suche nach einer Lehrerin für dieses Instrument. Beim Spiel kann er seine Empfindungen tiefer ausdrücken . Durch seine Krankheiten hat er sich  eingehend  mit seinem Körper beschäftigt,  sich umfangreiches Wissen  über  Ernährung, heilbringende Pflanzen, den Zustand der Psyche und ganzheitliche Denkansätze darüber angeeignet. Dabei stellt er an erste Stelle den Einsatz der herkömmlichen Medizin, ohne die es nicht möglich wäre, zu überleben.

Mittlerweile war es schon etwas frisch geworden, leichte, dünne Nebel zogen auf und wir verlagerten unseren Platz ins warme,  behagliche Schlosscafe. Ich empfand es  als achtsam, dass er mir  unaufdringlich  verschiedene Tipps zu diesen Themen gab, um ja gesund zu bleiben. Die Kraft und Zuversicht dieses Mannes hat mich sehr beeindruckt und ich denke noch oft an dieses Gespräch zurück. Dinge, mit denen wir uns beschäftigen, sind nicht immer so wichtig, wie sie uns erscheinen.

Ich hatte mein Auto nicht direkt vor dem Schloss geparkt, sondern weiter unten im Dorf. Mittlerweile tauchte der Herbstnebel das imposante Schloss Artstetten ins sanftes, weiches Licht.  Als wir uns am Parkplatz verabschiedeten, nahm der Fremde seine Panflöte aus dem Kofferraum und spielte ein sanften Song von Ed Sheran . Diese Melodie begleitete mich durch das Dorf, bis ich mein Auto erreichte und gedankenverloren und unendlich dankbar über die eigene Gesundheit die Heimreise antrat. Es hat mich berührt, diese wertvolle Begegnung am Lebensweg erfahren zu haben.

Deine nachdenkliche Ingrid

Fotos:  Lumesberger

Mehr über die Autorin erfährst Du hier: Ingrid Kleber
Weitere Blogs von Ingrid findest Du hier: Ingrids Blogs