“Auf welchem Lebensabschnitt bin ich jetzt eigentlich unterwegs?” Diese Frage habe ich mir doch einige Male gestellt, als ich den Lebensweg in seiner Gesamtheit gegangen bin.
Ich will euch kurz von meinem ersten Tag am Lebensweg von meiner 10-tätigen Wanderung berichten – drei Lebensabschnitte bin ich teilweise gegangen.
Tod und danach – Grenzüberschreitung/ der zweite Übergang. Mit großem Respekt bin ich beim Holzturm in Losau gestartet. Die ersten Schritte waren im Bewusstsein dieses Abschnitts fast unsicher. Mir sind Menschen eingefallen, von denen ich mich in den letzten Jahren endgültig verabschiedet habe. Freunde, Verwandte, Bekannte,… Menschen, die mir ganz einfach fehlen.
Oder begleiten sie mich auf meinem Lebensweg weiter, wenn ich mich mit ihnen weiter “unterhalte”? Die ersten Kilometer waren von diesen Gedanken geprägt.
Mein eigener Tod – das ist dann doch etwas zu abstrakt . Der Text von Arnold Mettnitzer “…UND DANN DER TOD” hat etwas sehr Versöhnliches und Beruhigendes.
“10. April 2019 – Schritt um Schritt dem Tod entgegen,…” dies habe ich als erste Eintragung in mein TourenTAGEbuch geschrieben… – da wird ja wirklich auf einmal sehr viel enorm unwichtig: Die Sorgen, die Ängste und Nöte…. letztendlich geht es darum, ein erfülltes Leben zu führen.
Und zum erfüllten Leben gehören Gespräche! Am besten, dies gleich beim Wandern umsetzen, sei es mit dem Mann, der vor dem Haus gartelt, mit den Gastgebern, Bürgermeistern, Nahversorgern,… die eigenen Gedanken werden bereichert und man taucht in die anderen Lebensgeschichten ein und verbindet dies mit seinem weiteren Weg.
In Maria Taferl in der Kirche bin ich dann noch einmal sehr bewusst kurz in das eigene “Gehen” eingetaucht. Wohl wissend, dass ich in 10 Tagen hier wieder zurückkommen will. Möchte hier in der Kirche meine Wanderung beschließen. Nochmals hierher zu kommen, dieser Vorsatz hat das Weggehen von Maria Taferl recht leicht gemacht.
Jetzt am Lebensabschnitt: Ursprung – Großeltern und Ahnen – Gedanklich einzutauchen in die Zeit vor meiner Zeit – ich denke, alle meine vier Großeltern waren ganz sicher irgendwann in ihrem Leben in Maria Taferl. Wie wird es da gewesen sein? Höchstwahrscheinlich sind sie bei Wallfahrten hierhergekommen. Haben sicher viel gebetet. Soll ich auch beten? Warum eigentlich nicht?
Ein interessanter Gedanke ist auch, mir meine Großeltern in meinem jetzigen Alter vorzustellen. Meine Opas sind ja leider nicht so alt geworden, wie ich jetzt bin. Aber in meiner Vorstellung können sie das sein und ich kann mit allen meinen vier Großeltern gemeinsam ein Lied singen. Lustig, sie können richtig lustig sein. Verstehen sich gut miteinander… schon interessant, was allein durch die Kraft der Vorstellung möglich ist. Möchte ganz einfach, dass sie, meine Ahnen, richtig glückliche Momente in ihrem Leben hatten. Das dies nicht immer so war, ist mir natürlich sehr klar.
“WEITERGEHEN”, der berührende Text von Adele Neuhauser über ihre im Waldviertel lebenden Großeltern im TourenTAGEbuch holt mich von meinen Tagträumen zurück.
Bei meinem Weitergehen kommen mir selber gerade Zweifel, ob meine Tagesplanung gut einzuhalten ist. Jetzt nach Münichreith fängt es auch noch zum Nieseln an. Es ist schon nach 15 Uhr und ich will ja auch noch auf den Peilstein hinauf.
Habe unterwegs relativ lange Pausen gemacht.
Bin dann so um 17.20 Uhr in Laimbach angekommen und habe mich im Kaufhaus Mühlbacher mit Abendessen, Frühstück, Wasser,… versorgt. Zusätzlich habe ich noch ein Gespräch geführt, welches mich sehr bewegt hat.
So, jetzt hatte ich schon rund 24 km in den Beinen und sollte noch auf den Peilstein ins Schutzhaus. Zum Glück hatte Sabine Schreiners Gasthaus Ruhetag, so kam ich gar nicht in die Versuchung, jetzt noch bei ihr einzukehren.
Liebe der Eltern – Zeugung war angesagt. Bei strömendem Regen. Momentan konnte ich mir gar nichts mehr vorstellen. Abgesehen davon, hatte das auch morgen noch Zeit, mich damit zu beschäftigen.
Schon beim Weggehen von Laimbach habe ich bemerkt, dass die Füße ganz schön schwer waren. Naja, jetzt habe ich ja zum normalen Gewicht, die Verpflegung und drei Liter Wasser zu tragen. Wie konnte ich meinen Reisegepäck leichter machen und selber Energie tanken? Eine Tafel Schokolade raus aus dem Rucksack und das Verschlingen dieser gab mir einen kurzen Kick.
Die Zweifel von vorhin waren berechtigt: 500 Höhenmeter hatte ich jetzt noch vor mir… der heilige Berg, der Peilstein hat sich als Riesenhürde vor mir aufgebaut. Schritt um Schritt. In weiterer Folge zähle ich diese meine Schritte. Nach 200 Schritten darf ich eine kurze Pause machen. Freue mich, wenn ich 300 schaffe. Über Grenzen gehen. Soll dies schon am ersten Tag Thema sein?
Hole mir meine Ahnen mit meinen Eltern gedanklich her und so schaffe ich es doch, nach eindreiviertel Stunden endlich bei der Schutzhütte anzukommen! Im Schutzraum den Rucksack abstellen, gleich einheizen und dann noch ganz kurz zum Gipfelkreuz des Kleinen Peilsteins hinauf.
Dankbar die nassen Sachen über dem Ofen aufhängen, Wasser für einen Tee zustellen. Die Jause auspacken. Der erste Tag war geschafft! Ich bin letztendlich gut an mein Tagesziel angekommen. War sehr froh, hier heroben zu sein. Denn morgen hatte ich ja, vor neben der Verliebtheit der Eltern, auch noch ein Stück der Schwangerschaft zu bewandern. Bis mindestens St. Oswald wollte ich es schaffen.
Wie es weitergegangen ist?
Ihr wisst ja, dass ich es geschafft habe. In die einzelnen Lebensabschnitte einzutauchen, ist eine ganz besondere Erfahrung. Wenn es körperlich und geistig zu anstrengend wurde, wusste ich halt manchmal nicht, auf welchem ich gerade unterwegs war. Abgelenkt haben mich auch die vielen Gespräche, welche ich mit Begeisterung geführt habe. Daher hatte ich auch wirklich oft am Abend zu tun, mein Tagesziel zu erreichen: Da hatte ich Angst vorm Bergaufgehen, bergab…wollte ich schon gar nicht und in der Ebene…. ihr könnt es euch denken.
Aber ihr habt die Wahl, ob ihr den Lebensweg in 15 oder 20 Tagen gehen wollt. Über ein paar Jahre verteilt. Beste Vorbereitung braucht ihr in jedem Fall.
Dies weiß jetzt noch mehr
Euer Dieter
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