Gastbeitrag Magdalena Resch Blog#27

13 Tage Lebensweg mit Frühlingsgrün und Obstbaumblüte – ich bedanke mich für den schönen, bereichernden Weg und für die vielen herzlichen Begegnungen. (12.April – 25. April 2019)

Schon komisch, nach 13 Tagen wandern, wieder damit aufzuhören.
Nicht in der Früh die paar wenigen verschwitzten Sachen wieder einzupacken, in die gschmackigen Socken und Wanderschuhe zu schlüpfen und einfach loszumaschieren. Nein, heute wurden die sichtbaren Spuren wieder beseitigt, der Rucksack geleert, der Inhalt gewaschen.

Jetzt, am Abend, brauche ich doch noch einmal ein paar Minuten um mich von dem Weg zu verabschieden und um manche Dinge noch einmal zu reflektieren.

Ich ging den Lebensweg in jenen Etappen wie sie im Buche (LebenswegTagebuch) stehen. In 13 Tagen von Laimbach nach Laimbach, 260,8 Kilometer, 7320 Höhenmeter und ein paar dazu für meine eigenen „Um“wege. Den Seitenkreis der Acht, die Route Dorfstetten und Bärnkopf, ließ ich aufgrund einer Unaufmerksamkeit aus. Gestern holte ich diesen kleinen Kreis von Bärnkopf nach Bärnkopf, im ewigen Wald, nach.

Nachdem sich mein Leben im letzten Jahr und besonders in den letzten Monaten sehr veränderte, wollte ich den Weg nutzen um wieder neue Kraft zu tanken, um mich zu erholen und um neue Lebensmotivationen zu finden.

Der erste Tag, diese lange Etappe von Laimbach nach Nöchling, über den Peilstein, war sehr schön. Außerdem begleitete mich eine langjährige Freundin die Hälfte der Etappe. Mit ein bisschen Wehmut verabschiedete ich meine Freundin, nun war ich alleine am Weg.

Die Tage danach, waren landschaftlich wunderschön aber auch herausfordernd. Laute, ungeordnete Gedanken, Schmerzen in den Füßen und Schultern begleiteten mich vor allem Tag 2 und 3. In diesen Momenten fragte ich mich warum ich das eigentlich mache. „Stundenlanges sinnloses herumlatschen in der Landschaft!“

Ich hätte mir auch einfach einen Zug richtung Meer buchen können. Ich hätte viele Bücher gelesen, Meeresgetier und guten Wein genossen. „Hätt i, wär i, gibt’s ned“, ist mir dann eingefallen und hörte bald mit der Konjunktivträumerei auf.

Mit fortschreitenden Tagesetappen und Kilometern wurde ich immer dankbarer und freute mich am Weg zu sein. Statt liegend in den Geschichten anderer zu lesen, ermöglichte mir der Lebensweg, gehend in meiner eigenen Geschichte zu lesen. Ich dachte nicht, dass es doch so interessant sein kann.

Mein Kopf wurde ausgelüftet und wurde von Tag zu Tag immer leichter und leerer. Die Aufmerksamkeit vertiefte sich im Jetzt.

Ameisenhügel, Bäume, die Sonne die die Nadelbäume silbern schimmern ließ, das sanfte, verletzliche Frühlingsgrün der Laubbäume erhellte, Spinnennetze, Hasen, Schlangen, Rehe, Flüsse, Seen, Wegschilder mit dem  Herz für „Lebensweg“, die vielen mystischen Steine und wackeligen Steinzufälle bewunderte ich wie ein Kind es wahrscheinlich tut (ich tat es, es erinnerte mich daran).

Gleichzeitig blieben die wenigen aber wichtigen Gedanken zurück die in diesem, meinem Lebensmoment wichtig sind. Welche Verantwortung habe ich / will ich /  kann ich / soll ich / muss ich übernehmen? Welchen Weg  schlage ich ein, der für mich, diese Welt und unsere Gesellschaft Sinn macht und vertretbar ist?

Die besonderen Erlebnisse. Die wichtigen BegleiterInnen.

Ein paar kleine Anekdoten ergaben sich mit den Erlebnissen als ich raus aus meiner Komfortzone kam. In einem Ort fand ich keine Unterkunft und schlief deshalb in einem Jagdstand (bei noch besserer Organisation hätte das natürlich vermieden werden können). Die Nacht war hell, die Natur war laut. Um 4:30, als ich meine lange Etappe mit vielen „Um“wegen startete, waren die Wiesen noch steif vor Frost. Ich genoss die Stille der Morgenstunden und die Mystik der Landschaft, ganz allein weit und breit.

Als besonders schöne & wertvolle  Abwechslung vom Allein-Sein, begleitete mich meine Familie ein Stück am Lebensweg. Mit meiner Schwester probierte ich dann auch die Hängemattenübernachtung im Wald aus. Die nächste Nacht, dann alleine in der Hängematte, war ein bisschen herausfordernder für mich. Die vielen kleinen Geräusche von Mäusen, Eichhörnchen, Rehen, von dem Wind der in den Baumkronen zauste, ließen mich nicht so richtig gut einschlafen. Sie ließen mich aber mit manch meiner Ängste auseinandersetzten. Mit fortschreitenden Stunden wurde der Wald immer vertrauter und ich ein paar Ängste leichter.

Eine wertvolle Übung war auch, dass die Etappen, so wie sie um Buch gestaltet sind, unterschiedlich lang und anspruchsvoll sind. Bei einer gemütlichen 16km Etappe packte mich kurzzeitig der Ehrgeiz. „Hach, da kannst du aber schon noch weiter gehen“, „ein bisschen mehr leisten“. Für Körper und Geist tat es aber gut, sich die kurzen und leichten Etappen zu gönnen, so wie es auch im Alltag wichtig und notwendig ist, sich bewusst zurückzulehnen und neue Kraft zu tanken.

Ich bedanke mich für die zahlreichen Kraftplätze, die vielen herzlichen und offenen Begegnungen jeden Tag, für die warmen und heimeligen Schlafplätze, die geteilten Gedanken auf einer Schreibmaschine in Bad Traunstein, die gemeinsamen Achterl Wein, für die gute Beschilderung und Aufbereitung des Lebensweges, die schönen Beiträge im Lebensweg TourenTageBuch

Auch wenn ich keine Religion so richtig praktiziere sehe ich das Erlebnis am Lebensweg zusammenfassend wie eine erneute Taufe, so wie es so schön auf einem Schild im Yspertal steht. Als das Abwaschen von allem Lebenshinderlichen, als erneutes lautes „Ja!“ sagen zum Leben und zu sich selbst.

Magdalena Resch, 27, aus dem Mühlviertel, die letzten Jahre als selbstständige Gemüsegärtnerin in einem Gemeinschaftswohnprojekt (LebensGut Miteinander) tätig gewesen; Studium der Agrarwissenschaften; mit Begeisterung für Erdiges, ökologische und nachhaltige Landbewirtschaftungskonzepte, Buchbinderei, Kochen, Wandern…

Fotos: Magdalena Resch